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11/18/2008

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Nana Mouskouri
Die Tochter der Fledermaus
Von Dieter Bartetzko

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Woher nimmt sie die Kraft? Nana Mouskouri erzählt von den Kämpfen ihres Lebens


18. November 2008 Wenn nur nicht dies lange Warten wäre. Wenn doch die Kollegen schneller fragen würden. Schließlich bin ich ohnehin nervös genug angesichts der Aussicht, hier in Berlin gleich einen Weltstar zu interviewen. Einen, den ich jahrelang als madonnenhaft schöne Griechin vor Augen hatte, deren französische und griechische Lieder ich hoch schätze, deren sanft insistierender Jazz mich fasziniert - und deren deutsche Schnulzen mich ärgerlich machen.

Und nun ihr Buch, in dem eine ganz andere von sich erzählt. Zum Beispiel die demütigende Episode vom ersten großen Auftritt: „Um Gottes willen“, stöhnt der Organisator in Piräus, als er die korpulente junge Frau sieht, die gleich für tausend amerikanische Marinesoldaten singen soll. Die rückt ihre monströse Schmetterlingsbrille zurecht und murmelt: „Regen Sie sich nicht zu sehr auf, ich singe ganz gut.“ Auf der Bühne verschränkt sie die Hände hinter dem Rücken und schließt die Augen. Erst als sie nach drei Liedern - Swing und griechische Volksmusik - den Blick hebt, sieht sie an den lächelnden Gesichtern, dass die gellenden Pfiffe Beifall sind.

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Tränen im Parkett

Wie steht eine Zwanzigjährige das durch? Wie überwindet sie es, dass ihr im besten Nachtklub Athens mit der Begründung, ihr Anblick sei unzumutbar, gekündigt wird? Woher nimmt sie die Kraft, kurz darauf in Barcelona, Berlin und Paris auf die Bühne zu gehen, obwohl sie weiß, dass man bei ihrem ersten internationalen Hit statt ihres pausbäckigen Brillengesichts Mikrophone auf die Hülle gedruckt hat? Es ist die Liebe zur Musik, antwortet mir die heute vierundsiebzigjährige Nana Mouskouri, die ihr die Kraft dafür gegeben habe - und auch dafür, 1967 nach radikalen Hungerkuren im leuchtend roten Kaftan eines Modeschöpfers schlank und schön im ausverkauften Pariser Olympia zu erscheinen und die Feuerprobe als Solostar zu bestehen.

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Nana Mouskouri: Die weißen Rosen sind ausverkauft
Ovationen schon nach dem ersten Lied, „Adieu Angelina“, der französischen Version von Bob Dylans herb melancholischem Antikriegslied „Farewell, Angelina“, Tränen im Parkett, als sie mit „Le jour ou la colombe“ die Obristendiktatur in ihrer Heimat Griechenland beklagt, endloser Jubel, als sie mit dem Klassiker „Le temps de cerises“ endet. Der weite Kaftan, eine optische Hommage auch an das orientalisch heisere Gurren, das ihre kristallklare Stimme in den tiefen Tönen plötzlich annimmt, soll keine Restpolster kaschieren, sondern erleichtert es der Schwangeren, sich zu bewegen. Wegen der lange erhofften, komplizierten Schwangerschaft, schreibt Nana Mouskouri, habe sie zunächst gezögert, ehe sie das Angebot dann doch annahm. Serge Lama, Star des Vorprogramms, erzählte später, zur Premiere sei sie an ihm vorbeigegangen „wie ein Lamm, das sich zur Schlachtbank führen lässt“. Doch in Wahrheit, so war und blieb es, führte das Lamm, statt geführt zu werden.

Die Stimme Griechenlands

Vier Jahre zuvor hatte die Sängerin im Olympia im Vorprogramm von George Brassens mitgewirkt. Er warf scheele Blicke auf „die griechische Bäuerin“, die sich weigerte, die Brille abzunehmen oder den unaussprechlichen Namen zu ändern. Aber als Brassens sie hört, raunzt er: „Sie wird es noch weit bringen, diese Griechin.“ Dabei hatte sie es schon weit gebracht: Manos Hadjidakis, führender Komponist der neuen griechischen Musik, hatte ihr mit „Hartino to fengaraki“ (Papiermond) ihren ersten Hit geschenkt, dem „Kapou iparhi agapi mou“ (Irgendjemand liebt auch mich) folgte, dessen Text ihr der Dichter Nikos Gatsos widmete.

Nana Mouskouri war schon „die Stimme Griechenlands“, als sie auf „Ta pedia tou Pirea“ (Ein Schiff wird kommen) verzichtete, das Hadjidakis aus vertraglichen Gründen Melina Mercouri überlassen musste. Stattdessen stieg 1961, auch von Hadjidakis, „Weiße Rosen aus Athen“ wie ein Komet auf. Nana Mouskouri hatte keine Zeit, über den Welterfolg nachzudenken. Sie nahm gerade in New York mit Quincy Jones ein Jazzalbum auf, um dann 1963 am Grand Prix teilzunehmen. „À force de prier“, das maßgeschneiderte Chanson, das sie nicht mochte, trug ihr zwar nur den achten Platz ein, aber auch das Angebot Harry Belafontes, seine Tourneepartnerin zu werden.

Viele Gesichter der Liebe

In ihrem Buch weist sie die damaligen Gerüchte über eine Affäre zurück, zu denen das auffallend intensive Verhältnis der beiden Künstler Anlass gegeben hatte. Sogar ihr Mann, der griechische Gitarrist Georgios Petsilas, der sie als Tourneemusiker begleitete, glaubte daran. „Pass auf, dass Du mich nicht bei lebendigem Leib begräbst“, kritzelte er auf einen Zettel, als er in New York eine Überdosis Schlaftabletten nahm. Nana Mouskouri kam noch rechtzeitig von nächtlichen Plattenaufnahmen mit Bobby Scott zurück; die Ehe scheiterte vier Jahre später.

Die Offenheit, mit der die Sängerin diese Lebenskrise beschreibt, hat nichts von eiertänzelnden Enthüllungskoketterie. Das gilt ebenso im persönlichen Gespräch. „Es hat mich getrieben“, sagt sie. Als die Rede auf ihre Weggefährten kommt, ihren Mentor Hadjidakis, der ihr erzählte, er habe sich den Männern zugewandt, als Melina Mercouri ihn zurückwies, und auf ihren engsten Freund Jean Claude Brialy, der zeitlebens Männer liebte, schaut sie ihr Gegenüber mit diesen noch immer kohlschwarz glühenden Mandelaugen lange an, ehe sie auf die Frage antwortet, warum sie in ihren Memoiren nicht ausdrücklich schwules Lieben verteidigt. „Liebe hat so viele Gesichter. Warum sie verteidigen?“

Von der Callas verehrt

Das, was Nana Mouskouri einst jagte, schenkt ihr heute Gelassenheit. Sie spricht von Schuldgefühlen. Dass sie für ihren Mann nicht die bescheidene griechische Ehefrau bleiben konnte, bereut sie, dass ihre beiden Kinder von Kindermädchen aufgezogen wurden; dass sie nie den Mut fand, ihre todkranken Freunde Gatsos und Brialy auf das nahende Ende anzusprechen; dass sie zu lange die Indolenz hinnahm, der sie im Europaparlament begegnete, in dem sie von 1994 bis 1999 als Abgeordnete Griechenlands saß; das Erbe konservativer, unbewusst frauenfeindlicher griechischer Erziehung, sagt sie - und dass sie auch deswegen ihr Buch geschrieben habe.

Zu oft stumm, zu oft fügsam. Dabei war sie so oft das Gegenteil: Als Bob Dylan ihr sagte, er fände „Le ciel est noir“, ihre Version seines „A Hard Rain's Gonna Fall“ zu gefühlig, erwiderte sie knapp, sie empfinde ebenso. Kurz darauf nannte er die Mouskouri seine Lieblingssängerin. Den Mut, selbst Genies offen zu begegnen, gab ihr Maria Callas, die nächtelang Athens Clubs besuchte, um die junge Mouskouri singen zu hören. Als die Callas erfuhr, dass man Nana Mouskouri wegen ihrer Jazzauftritte vom Konservatorium ausgeschlossen hatte, erklärte sie ihr: „Es kommt nicht darauf an, was man singt, sondern wie!“

Geliebte Nachtigall

Marlene Dietrich war vernarrt in Nana Mouskouri, nannte sie ihre „geliebte Nachtigall“. Wie sie hingen alle Deutschen Nana Mouskouri an, was sie bis heute mit Zuneigung erwidert. Berlin bezeichnet sie neben Paris und Athen als ihre liebste Stadt. Dass dies kein Gerede ist, zeigt sich auf dem Weg zu einem Fest in der provisorischen Residenz des Griechischen Botschafters am Leipziger Platz. Als das Taxi hält, schaut sie um sich: „Dort drüben stand früher die Mauer, furchtbar.“ Zu einer solchen Haltung hat eine Frau gefunden, die als Kind im besetzten Kreta die Erschießung ihrer Landsleute durch deutsche Kommandos beobachtete, Durchsuchungen ertrug, weil ihr Vater im Widerstand kämpfte, und den Abzug der deutschen Truppen halb verhungert erlebte.

Vergeben hat sie, vergessen nicht: Es klang wie Peitschenknall, als sie 1983 in Paris während einer muskalischen Hommage an Berlin Zarah Leanders „Jawoll“ nachsang. Die Mouskouri und Peitschenknall? Wenn sie im Buch von ihrem Vater erzählt, schwingen Qual und Zorn zwischen den sachlichen Zeilen. „Die Tochter der Fledermaus“ nannte man sie in den Athener Anfangsjahren, weil jeder wusste, dass ihr Vater, ein notorischer Spieler, die Nächte durchwachte. Doch sie liebt ihn, weil er ihr als Filmvorführer den „Zauberer von Oz“ und damit den Traum schenkte, Sängerin zu werden.

Die Versöhnung mit ihm und die Gewissheit, dass sie ihrer Mutter, der eine Gesangskarriere versagt blieb, nicht „das Schicksal raubte“, fand sie, als beide 1974 ihr Konzert im Pariser „Théatre des Champs-Élysées“ besuchten. „Wenn ich sie früher hörte“, schrieb Jean Macabies im „France Soir“ über den Abend, „träumte ich oft, dass ein Pflasterstein in diesen ruhigen Fluss fallen würde, damit sie ihre Beherrschung verlieren, stürmen, fluchen und wenigstens einen Augenblick lang dieses maßlose, wilde und leidenschaftliche Leben, das die Bühne fordert, leben würde. Gestern Abend haben wir gesehen, wie Nana Mouskouri endlich auflebte.“

Ein Lied um uns

Am Leipziger Platz umkreisen die Gäste Nana Mouskouri. Der Botschafter hat eine CD von ihr aufgelegt, sie beobachtet, mit anderen plaudernd, den Dramaturgen und den Regisseur der umstrittenen Hölderlinoper, die zwei Tage später in der Staatsoper uraufgeführt werden wird. Wach, noch immer mit den schönen griechischen Zügen, beherrscht sie den Raum. „Alles ist zulässig, wenn es der Wahrheit dient, die Oper mitzuteilen hat“, sagt sie. Und dass das griechische Theater in seinem Stolz auf die klassische antike Tragödie zu wenig auf Inspiration von außen achte, auf Impulse und Neuerungen. Lebhaft ist sie, charmant und konzentriert. Kein Zweifel, dass die Antwort von vorhin stimmt: „Der Abschied von der Bühne war schwer. Ich habe ihn lernen müssen. Aber jetzt bin ich zufrieden.“

Ich kann nicht anders, muss nach „Que je sois un ange“ fragen, dem Lied von Melanie Safka, das in der Übersetzung von Serge Lama eines ihrer besten Chansons wurde. „Teufel oder Engel? Manchmal denke ich, dass ich von mir singe.“ Sie beginnt zu summen, stockt, ich summe weiter, sie fällt mit ein. Zwei Minuten singen mit Nana Mouskouri. Während mir noch schwindlig ist, sagt sie nachdenklich „Ja, das Lied geht um mich.“



Text: F.A.Z.
Bildmaterial: REUTERS

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